Im US-Bundesstaat Virginia gibt es die größte Dichte an Rechenzentren weltweit. Was auf der einen Seite wirtschaftliche Vorteile bringt, sorgt auf der anderen Seite für einen wachsenden Energiebedarf und gefährdet die bestehenden Emissionsziele.
In den Vororten der US-Bundeshauptstadt Washington D.C., in Loudoun County im nördlichen Virginia, ist die größte Konzentration an Rechenzentren weltweit zu finden. Zum Vergleich: Nimmt man die sechs folgenden Data Center-Märkte der USA zusammen, erreichen sie noch immer nicht die Dimensionen von Loudoun County.
Ein Grund für die große Dichte an Rechenzentren in Virginia ist, dass man den Unternehmen dort seit dem Jahr 2010 Steuererleichterungen gewährt, wenn diese bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Dazu gehören Investitionen in Höhe von mindestens 150 Millionen US-Dollar, das Schaffen von mindestens 50 Jobs am Ort der Ansiedlung sowie eine Bezahlung der Mitarbeiter, die mindestens 150 Prozent des ortsüblichen Lohns entspricht.
Rechenzentren sorgen für wachsenden Energiebedarf
Das starke Wachstum der Data Center stellt den regionalen Energieversorger, Dominion Energy, vor große Herausforderungen. Dort geht man davon aus, dass die Rechenzentren in Virginia in den kommenden 15 Jahren der größte Treiber des steigenden Energiebedarfs sein werden. Der Versorgungsbetrieb hatte versprochen, die Stromversorgung bis zum Jahr 2045 zu dekarbonisieren und damit dem Virginia Clean Economy Act aus dem Jahr 2020 zu entsprechen. Allerdings räumt man ein, dass der Übergang zu erneuerbaren Energien heute eine größere Herausforderung darstelle als noch vor ein paar Jahren. Der Grund dafür sei ein nicht erwarteter Anstieg des Strombedarfs. Aktuell wird mit einer Erhöhung der nachgefragten Leistung von 11 Gigawatt in den nächsten 15 Jahren gerechnet. Zum Vergleich: Ein Windrad an Land erzeugt etwa 2 bis 5 Megawatt. Würde man den zusätzlichen Bedarf nur durch Windkraft decken wollen, bräuchte es dazu mehrere tausend Windräder. Sollte Virginia zusätzliche Atomkraftwerke bauen wollen, was alleine aus zeitlichen Gründen schwierig wäre, bräuchte es davon etwa sieben Stück (bei einer angenommenen Leistung von 1.400 Megawatt für ein mittleres Atomkraftwerk). Zum Vergleich: Aktuell gibt es in Virginia zwei Atomkraftwerke.
Der konstante und hohe Strombedarf der Rechenzentren setzt nicht nur den Bau neuer Kraftwerke und Anlagen zur Stromerzeugung voraus, sondern erfordert auch Investitionen in die Netze, um den Strom übertragen zu können. Nicht ausgeschlossen ist dabei auch der Bau neuer Gaskraftwerke, um den wachsenden Bedarf decken und schnell auf Lastspitzen reagieren zu können. Dabei muss man wissen, dass Virginia aktuell rund ein Drittel seines Strombedarfs mit Atomkraft deckt. Doch solche Kraftwerke benötigen zum Hochfahren mehrere Stunden, während dies bei einem Gaskraftwerk in zehn bis 20 Minuten möglich ist.
Doch gerade ein möglicher Bau neuer Gaskraftwerke ruft Kritiker auf den Plan, weil dadurch die Emissionsziele gefährdet werden. Von Umweltverbänden wird gefordert, stattdessen andere Wege zu finden, um auf den wachsenden Energiebedarf der Rechenzentren zu reagieren. Dazu gehören Programme, die es den Verbrauchern ermöglichen, ihren Energieverbrauch in Zeiten starker Last anzupassen oder zu reduzieren – zum Beispiel bei sehr kaltem oder sehr heißem Wetter. Anreize können zum Beispiel in Form reduzierter Strompreise in Phasen geringer Last gewährt werden. Gefordert werden auch der Einsatz von Stromspeichern und bessere Übertragungssysteme.
Betreiber der Rechenzentren treiben Wandel zu erneuerbaren Energien voran
Dabei forcieren die Betreiber der Rechenzentren selbst den Ausbau erneuerbarer Energien: Google plant zum Beispiel, seine Rechenzentren bis zum Jahr 2023 CO2-frei zu betreiben. Amazon verfolgt das Ziel der CO2-Neutralität bis zum Jahr 2040.
Die Frage ist, wie realistisch diese Ziele sind: So plant alleine Amazon Investitionen in neue Rechenzentren von 35 Milliarden US-Dollar bis zum Jahr 2040 – mit entsprechendem Energiebedarf.
Mehr Effizienz nötig: Green IT
Tatsächlich gibt es viele Möglichkeiten, den Energieverbrauch von Rechenzentren und IT-Infrastruktur zu reduzieren. Das wird mit dem Begriff “Green IT” beschrieben. Hier gibt es viele Ansatzpunkte wie zum Beispiel den Einsatz effizienter Kühlsysteme, die Virtualisierung von Servern sowie Recycling und Wiederverwendung von Hardware.
Dieser Ansatz alleine wird aber den steigenden Energiebedarf der Rechenzentren weltweit nicht verhindern können.
Zero Carbon und Cloud Computing unvereinbar?
Der wachsende Energiebedarf der Rechenzentren weltweit könnte tatsächlich die Klimaziele gefährden. Wenn es nicht gelingt, ausreichend neue Energie aus erneuerbaren Quellen zu erzeugen, bleiben zwei Möglichkeiten: Entweder die Stromerzeuger setzen auf fossile Energieträger wie Gas, oder der Ausbau der Rechenzentren wird begrenzt.
Hier wird es darauf ankommen, in der IT verstärkt auf smarte Lösungen und mehr Effizienz zu setzen. Ansätze dafür gibt es genug: das Löschen nicht mehr benötigter Daten, der Einsatz effizienter Kühlsysteme oder die Priorisierung von Anwendungen sind nur einige davon.
Zudem muss das Thema Ressourcenverbrauch in der IT noch stärker ins Bewusstsein der Anwender und der Entscheider dringen. Dazu können Informationskampagnen und Schulungen einen wichtigen Beitrag leisten – ebenso wie staatliche Förderungen von Unternehmen, die besonders auf Effizienz achten.