Der weltweite Stromverbrauch von Rechenzentren steigt stark an – vor allem aufgrund neuer KI-Anwendungen. Diese Entwicklung gefährdet die Klimaziele. Welche Lösungen gibt es für dieses Problem?

Kein anderer Wirtschaftsbereich erlebt in diesen Zeiten einen solchen Boom wie die KI. ChatGPT, Perplexity oder Google AI Overviews stehen stellvertretend für einen technologischen Quantensprung, der sich aktuell vollzieht.

Was auf der einen Seite beeindruckende Fortschritte für Technologie, Wirtschaft und die Medizin ermöglicht, schafft auf der anderen Seite gravierende Probleme, nämlich in Form eines exponentiell steigenden Stromverbrauchs durch die Rechenzentren. Tech-Giganten wie Amazon, Google oder Microsoft erweitern ihre Kapazitäten in einem wachsenden Tempo. Für den dafür benötigten Strom setzen die Unternehmen zwar auf erneuerbare Energien, doch reicht der Strom aus Sonne, Wind und Wasserkraft nicht aus, um den Bedarf zu decken. Hinzukommt das Problem, dass Rechenzentren rund um die Uhr Strom benötigen, damit es nicht zu einem Ausfall der Dienste kommt. Das übersteigt die Möglichkeiten erneuerbarer Energiequellen vielerorts noch – trotz Fortschritten in der Speichertechnologie.

In der Folge setzen manche Unternehmen auf Atomkraft als Ergänzung. Beispiele sind Google, das bis 2030 ein erstes Mini-Atomkraftwerk in Betrieb nehmen will, oder Microsoft, das gerade ein Abkommen zur Reaktivierung des Atom-Meilers Three Mile Island abgeschlossen hat. Dort war es in einem der Reaktoren im Jahr 1979 zu einer teilweisen Kernschmelze gekommen.

Google Data Center Preview

Realistischer Weise werden Erneuerbare und Atomenergie gemeinsam nicht ausreichen, um den wachsenden Strombedarf der Rechenzentren zu decken. Also müssen fossile Energieträger genutzt werden – allen voran Gas. Das verdeutlichen verschiedene Beispiele:

US-Bundesstaat Virgina

Im US-Bundesstaat Virginia, wo es sehr viele Rechenzentren gibt, soll die Stromerzeugung verdoppelt werden. Dies würde dann den Kapazitäten in ganz Frankreich entsprechen. Um das zu erreichen, sollen zwei Kohlekraftwerke länger am Netz bleiben als geplant. Zudem sollen bis zu sieben neue Gaskraftwerke mit einer Gesamtkapazität von neun Gigawatt entstehen.

Beispiel Nebraska

In Nebraska, einem weiteren US-Bundesstaat, steigt der Strombedarf aktuell so stark an wie noch nie in der Geschichte. Das liegt auch an einer starken Expansion der Google Rechenzentren. Um die gestiegene Nachfrage zu decken, verlängert der dortige Stromversorger den Betrieb eines seiner Kohlekraftwerke bis mindestens 2026. Eigentlich sollte das Kraftwerk schon im Jahr 2023 vom Netz gehen. Auch hier ist der Bau neuer Gaskraftwerke geplant. Sowohl Kohle- als auch Gaskraftwerke stoßen erhebliche Mengen an CO2 aus.

Man könnte also von einem Rebound-Effekt sprechen: Damit bezeichnet man eine Entwicklung, bei der die Entwicklung einer neuen, eigentlich effizienteren Technologie, in der Summe dennoch zu einer Zunahme der Emissionen führt. KI als Zukunftstechnologie, von der sich viele erhebliche Fortschritte in Wissenschaft und Technik sowie die Lösung von Zukunftsfragen versprechen, wird also zunächst einmal bestehende Probleme verschärfen

Düstere Aussichten also für das Klima. Daher stellt sich die Frage, ob es Möglichkeiten gibt, den wachsenden Strombedarf der Rechenzentren ein wenig abzumildern. Und tatsächlich gibt es verschiedene Ansätze, die sich in der Praxis bewährt haben.

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Mit effizienter Kühlung Strom sparen

So bieten zum Beispiel effizientere Kühlmethoden ein erhebliches Einsparpotential. In luftgekühlten Rechenzentren können die Treibhausemissionen durch eine Anhebung der Zulufttemperatur auf 26 Grad Celsius, durch eine kanalisierte Luftführung, die Nutzung von Abwärme, natürliche Kühlmittel und durch die Verwendung von Photovoltaik in Gebäudenähe deutlich reduziert werden, wie eine im Auftrag des Bundesumweltamts durchgeführte Studie der Ecofys GmbH ergab. Bei einem mittelgroßen Rechenzentrum mit 30 kW IT-Leistung sanken die Emissionen in einem Test um bis zu 80 Prozent. Bei einem großen Rechenzentrum mit 30.000 kW IT-Leistung betrug die Reduktion immer noch 68 Prozent.

Nur einschalten, was notwendig ist

Weitere Möglichkeiten zur Steigerung der Effizienz und zur Senkung des Stromverbrauchs von Rechenzentren sind der selektive Einsatz von KI nur für bestimmte Anwendungen, die gemeinsame Nutzung von Kapazitäten durch mehrere Unternehmen sowie die Platzierung von Rechenzentren in der Nähe von Anlagen zur Stromproduktion.

Nachhaltige Stadt

Rechenzentren als möglicher Klimakiller

Ein Problem bleibt bei allen Bemühungen um mehr Effizienz bestehen: Zwar tragen die Betreiber von Rechenzentren zum Ausbau erneuerbarer Energien bei, indem sie langfristige Verträge mit den Stromversorgern abschließen. Allerdings übersteigt ihr Strombedarf bei Weitem das, was durch erneuerbare Energiequellen erzeugt werden kann. Und damit sind die Betreiber der Rechenzentren gleichzeitig einer der Hauptverursacher von CO2-Emissionen in der Stromerzeugung. Hinzukommt: Derzeit ist nicht absehbar, wann die Zunahme des Strombedarfs durch die Rechenzentren abebben wird. Es ist durchaus möglich, dass dieser Trend noch Jahre andauern und sich sogar verstärken wird. Solange das Wachstum des Strombedarfs den Zubau erneuerbarer Stromerzeugung übersteigt, wird auch die Senkung von CO2-Emissionen kaum realistisch sein. Dabei wäre es heute schon höchste Zeit für deutliche Einsparungen.

Internationaler Wettlauf befeuert den Stromverbrauch zusätzlich

Viele Staaten haben sich den Ausbau ihrer Rechenzentrumskapazitäten inzwischen als strategisches Ziel im internationalen Wettbewerb gesetzt. Beispiel Mittlerer Osten: Länder wie Saudi-Arabien oder Katar investieren in die Erweiterung ihrer Rechenzentren, um damit ihre strategische Bedeutung zu steigern und sich damit wirtschaftliche und militärische Unterstützung vor allem durch die USA zu sichern. Rechenzentren könnten das neue Öl werden.

Das Bestreben, andere Länder zu übertreffen, führt über kurz oder lang zu Überkapazitäten auf dem Weltmarkt für Rechenzentrumskapazitäten und zu einem exponentiellen Energieverbrauch weltweit.

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Stromverbrauch für Rechenzentren per Gesetz limitieren?

Um diesen Entwicklungen entgegenzuwirken, wäre eine gesetzliche Begrenzung des Energieverbrauchs von Rechenzentren denkbar. Wenn die Unternehmen mit einer bestimmten Menge an Strom auskommen müssten, wäre dies ein Anreiz für mehr Effizienz, der auch dafür sorgen würde, dass nur wichtige und erfolgversprechende Dienste betrieben und umgesetzt werden. Die Folge wäre ein Preisanstieg für viele KI-Anwendungen. Bisher kostenlose Dienste wie zum Beispiel ChatGPT würden dann vermutlich nur noch gegen Bezahlung angeboten. Das wiederum würde die Nutzerinnen und Nutzer dazu bewegen, KI-Dienste nur noch für zielgerichtete Aufgaben zu nutzen, aber nicht, um damit „herumzuspielen“. Bedenkt man, dass eine einzige Abfrage bei ChatGPT 0,003 Kilowattstunden benötigt – zehnmal so viel wie eine Google-Suche – erscheint ein solches Szenario durchaus sinnvoll.

Gegen ein solches Vorgehen sprechen allerdings verschiedene Umstände. So werden nationale Alleingänge bei einer Begrenzung des Energieverbrauchs von Rechenzentren lediglich zu einer Verlagerung in andere Länder führen, in denen es solche Begrenzungen nicht gibt. Nötig wäre also ein international abgestimmtes Vorgehen – derzeit kaum denkbar.

Weiter würde sich die Entwicklung von KI-Anwendungen dadurch verlangsamen, weil gerade das Experimentieren mit neuen Modellen und Anwendungen der Treibstoff für Innovationen ist.

Eine Lösung könnte darin bestehen, die Preise für den verbrauchten Strom progressiv zu gestalten. Bis zu einer bestimmten Menge gibt es einen festen Preis, der dann mit steigendem Verbrauch Schritt für Schritt angehoben wird. Durch den steigenden Grenzpreis würde zusätzlicher Stromverbrauch immer unattraktiver. Unternehmen, die das vermeiden möchten, könnten dazu eigene Anlagen zur Stromerzeugung errichten, die sie von den Stromversorgern unabhängig machen würden. Doch auch ein solcher Ansatz birgt die Gefahr von geographischen Ausweichbewegungen durch die Unternehmen.

Klimaziele in Gefahr

Klar ist: Wenn sich das Wachstum des Stromverbrauchs durch Rechenzentren wie prognostiziert weiter erhöhen wird, führt das unweigerlich zu einem Verfehlen der Klimaziele. Statt eines Rückgangs der CO2-Emissionen wird es zumindest mittelfristig zu einer weiteren Zunahme kommen – mit entsprechenden Auswirkungen auf das Klima.

Zwar lassen sich diese Effekte durch Maßnahmen wie Effizienzsteigerungen, bessere Kühlung oder den Aufbau von Anlagen zur Stromproduktion durch die Rechenzentrumsbetreiber ein wenig abmildern, doch bedarf es zu einer spürbaren Entschärfung des Problems anderer Maßnahmen. Eine solche Maßnahme könnte in der Deckelung des Stromverbrauchs oder in progressiven Strompreisen bestehen. Diese Maßnahmen müssten allerdings international abgestimmt sein.

Was denkt Hardwarewartung 24?

Das Problem mit Regulierung im weltweiten Kontext mit multinationalen Konzernen ist immer dasselbe. Egal ob Deckelung des Stromverbrauchs oder progressive Strompreise – alle Regulierungsversuche werden durch einzelne Player untergraben, die sich durch die Ausnahme von der Regulierung einen Wettbewerbsvorteil versprechen. Ist diese Ausnahme einmal etabliert, wird sie zum Standard, wie das Beispiel der Steuerflucht bei internationalen Konzernen zeigt.

Wahrscheinlich wäre der effektivste Weg, wenn die westlichen Staaten gar nichts tun würden. So wären die Hyperscaler gezwungen, selbst Lösungen für dieses Problem zu finden. Sie würden sich gut überlegen, ob die Expansion in den Nahen Osten mit ihren politischen Risiken es wert wäre, nur um an günstigen Strom zu kommen. Durch das fehlende staatliche Subventionieren der Netze wären die Big-Tech-Konzerne gezwungen, selbst in die Netze zu investieren oder selbst Strom zu produzieren. Es müssten lediglich Gesetze verabschiedet werden, die sicherstellen, dass die Technologie nicht in die falschen Hände gerät.

Ein weiteres Mittel, das bereits in einigen Ländern zum Einsatz kommt, sind die CO₂-Bepreisung und die Ausweitung des CO₂-Zertifikatehandels auf andere Länder. Hier wäre das Cap-and-Trade-System die beste Lösung:

Das Cap-and-Trade-System setzt eine Obergrenze (Cap) für die Gesamtmenge an CO₂, die ein bestimmter Wirtschaftssektor oder ein Gebiet ausstoßen darf. Regierungen oder internationale Organisationen verteilen CO₂-Zertifikate an Unternehmen, die jeweils eine bestimmte Menge an CO₂ ausstoßen dürfen. Wenn ein Unternehmen weniger CO₂ ausstößt, als seine Zertifikate erlauben, kann es die überschüssigen Zertifikate an andere Unternehmen verkaufen, die ihre Emissionen nicht ausreichend reduzieren können.

  • Obergrenze (Cap): Die Regierung legt ein Gesamtlimit für CO₂-Emissionen fest, um sicherzustellen, dass die Emissionen sinken.
  • Handel (Trade): Unternehmen, die ihre Emissionen effizienter reduzieren, können ihre überschüssigen Zertifikate verkaufen. Unternehmen, die mehr Emissionen verursachen, müssen zusätzliche Zertifikate kaufen. Dies schafft einen finanziellen Anreiz zur Reduktion der Emissionen.

Das bekannteste Beispiel ist das Europäische Emissionshandelssystem (EU ETS), das seit 2005 läuft. Es umfasst große Industrieanlagen und Energieerzeuger in der EU und ist weltweit das größte Cap-and-Trade-System.

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