Beim Einkauf von Hardware wird die Wartung mittlerweile zu einem immer wichtiger werdenden Thema. IT Riesen wie Google haben deshalb schon lange aufgehört Hardware bei namhaften Herstellern wie HP, IBM oder Dell zu kaufen, statt dessen bauen sie sich ihre Infrastruktur selber zusammen und warten diese auch selbst. Hierfür gibt es viele Gründe.

  1. Der Einsatz von Standardkomponenten ohne Zusatz-Features und andere Spielereien spart viel Geld beim Einkauf.
  2. Sie können ihre Hardware individuell upgraden ohne das gesamte Gerät tauschen zu müssen.
  3. Sie zahlen keine Wartungsverträge sondern verwalten und reparieren ihre Hardware selbst. Auch das spart sehr viel Geld.

Wenn man es genau betrachtet zählt Google zu den größten Drittwartungsunternehmen der Welt. Aber was bedeutet Drittwartung denn eigentlich? Genau genommen bedeutet es nur, dass das Wartungsunternehmen von Herstellern unabhängig sind. Das heißt, sie streben keinen Partner-Status, wie z.B. GoldPartner, PremiumPartner, Certified by etc. bei Herstellern an. Denn was die meisten nicht wissen ist, dass der Partner Status das Wartungsunternehmen in ein sehr enges Korsett von Regeln zwängt, welches sehr oft Nachteile für den Endkunden hat. 

Hier sind einige der Regeln, die bei fast allen Herstellern in der einen oder anderen Form für ihre Partner gelten.

  1. Eine gewisse Anzahl von Mitarbeitern müssen sich auf eigene Kosten für ein Produkt des Herstellers zertifizieren lassen. 
  2. Ein Teil des Gesamtumsatzes muss durch Zusatzservices, wie z.B. Care Packages, Garantieverlängerung, Extra-Service bei Wartung etc. erzielt werden.
  3. Der Verkauf von Konkurrenzprodukten ist verboten.
  4. Der Verkauf an einen Re-Seller ist verboten. 
  5. Die Wartungsfirma muss beim Hersteller einen Pauschalpreis für das Verwalten von Ersatzteilen vorlegen. 

Auf den ersten Blick sehen diese Regeln harmlos aus und scheinen die Absicht zu haben die Qualität des Wartungsanbieters steigern zu wollen. Doch schauen wir mal genauer rein.

Zertifizierung für die Mitarbeiter

Jeder Kunde wünscht sich einen Servicebetreuer der hochqualifiziert ist und Probleme schnell löst. Oft wird angenommen, dass ein Zertifizierungsprogramm eines Herstellers genau diese Qualifikation bietet. Doch jeder IT-Entscheider, der schon hoch-zertifizierte Mitarbeiter eingestellt hat, weiß, dass Know-How und Zertifizierung nur wenig mit einander zu tun haben. Damit will ich aber nicht sagen, dass eine Zertifizierung nichts Wert ist. Ganz im Gegenteil, es beweist, dass sich ein Mitarbeiter für eine Zeit mit dem Thema theoretisch auseinander gesetzt hat und bei einer Prüfung ca. 70% dieses Wissens wiedergeben konnte. Natürlich gibt es aussagekräftigere und weniger aussagekräftigere Zertifizierungen, aber eines haben sie alle Gleich. Sie kosten sehr viel Geld und haben einen überschaubaren Nutzen für den Endkunden. Der Hersteller hingegen profitiert sehr stark. Er verdient bei jeder Zertifizierung an seinen Partnern. Genießt den Ruf alles dafür zu tun um hochqualifizierte Partner auszubilden und nur mit diesen an Kunden heranzutreten. Zusätzlich verbessert er die Marktposition seiner proprietären Produkte. Eine geniale Strategie, aber leider sehr weit von realem Kundennutzen entfernt.

Zusatzservice Verkaufspflicht

Bei einigen Hardware Herstellern müssen die Partner bis zu 50% ihres Umsatzes durch Zusatzservices erbringen um nicht ihren Partnerstatus zu verlieren. Das hat weitreichende Folgen, die der eine oder andere IT-Verantwortliche schon mal zu spüren bekommen hat. Ein gereizter Verkäufer, der ihnen unbedingt noch ein weiteres Care Package für ihre Testumgebung verkaufen will und ihnen droht bei einem anderen Wartungsvertrag nicht mehr so gute Preise zu machen, sind keine Seltenheit. Nun ja, das liegt nicht immer daran, dass der Verkäufer unbedingt noch mehr Umsätze bei ihnen machen möchte oder sie ausnehmen will, sondern, dass sein Unternehmen vielleicht kurz davor steht seinen Partner Status zu verlieren, weil er nur Services an Kunden verkauft hat, die für diesen wirklich Sinn gemacht haben. Diese Regeln dienen der reinen Profit-Steigerung des Herstellers und nicht des Partners oder Kunden. Die Produktion und der Verkauf von Hardware arbeitet mit sehr engen Margen, doch die Wartung ist hingegen sehr lukrativ. Vor allem in den ersten 3 Jahren. Es gibt Statistiken von großen Versicherungsunternehmen, die besagen, dass weniger als 10% der hochwertigen Geräte, die in Rechenzentren eingesetzt werden, wie Server, Storage oder Netzwerk Komponenten, in den ersten 3 Jahren ausfallen. Selbst wenn beispielsweise ein Server ausfällt, sind es meist nicht die teuersten Ersatzteile wie Festplatten, Netzteile oder Mainboards. Diese werden einfach getauscht und als Refurbished Hardware weiterverkauft.

Auch wenn der Verkauf von Zusatz-Wartungspaketen nicht immer schlecht für den Kunden sind, sind die Preise für das geringe Risiko viel zu hoch. Würde ein Drittwartungsunternehmen die Chance bekommen ein ähnliches Wartungsangebot zu stellen, würden die Preise ca 20% unter denen der Hersteller liegen obwohl sie die Ersatzteile erst kaufen müssten. Allerdings stellt sich diese Frage so gut wie nie, weil kein Kunde jemals bei der Erstanschaffung von Hardware die Wartung bei einem Anderen nehmen würde als beim Hersteller.

Konkurrenz Verbot

Wenn sie ein GoldPartner werden wollen müssen sie einige Hürden nehmen und eine davon ist das absolute Bekenntnis zu einem Hersteller. Das schließt ein, dass sie voll und ganz hinter diesem Unternehmen stehen und deren strategische Ziele teilen. Eines dieser Ziele ist klarer weise die Marktführerschaft und somit ein Verbot den Mitbewerbt zu stärken. Leider ist es oft so, dass ein Hersteller sehr gut in einem Gebiet ist aber dafür sehr schlecht in einem anderen. Als IT-Dienstleister ist es allerdings ihre Aufgabe die Anforderung des Kunden zu erfüllen und das beste Produkt für ihn zu suchen. Hier gerät der Partner in den Interessenkonflikt und muss oft ein weniger guts Produkt anbieten um im rennen zu bleiben, was wiederum das Vertrauensverhältnis zum Kunden schwächt. Einige Hersteller haben diese Lose-Lose Situation schon erkannt und haben ihre Regeln ein wenig aufgeweicht.

Re-Seller Verbot

Jeder Kunde hat das Interesse seine Wartung möglichst günstig zu bekommen, doch leider hängt das beim Hersteller vom Partner Status des Partners ab. Je höher der Status, desto bessere Preise bei der Wartung und desto günstiger ist es für den Endkunden. Leider ist nicht jedes Unternehmen groß genug um mit einem PremiumPartner wegen 2 Servern und einem Storage zu verhandeln, deshalb wenden sie sich an kleine Wartungsfirmen, die nur einen niedrigen Partner Status haben und zahlen hier den vollen Preis. Würde der Hersteller Re-Seller erlauben könnten diese den gesamten KMU Markt bedienen, doch dann würden sie nicht die schon vorher aufgezählten Vorteile des Partner Models genießen.

Einkauf beim Hersteller vor dem Verkauf

Auch bei dieser Regel geht es oft um das Bekenntnis des Partner zum Hersteller und was gibt es besseres als Geld zur Bindung. Nicht zu vergessen, dass sich damit das finanzielle Risiko vom Hersteller zum Partner verlagert. Das einzige was der Hersteller bieten muss ist die Option auf bessere Preise.

Was bringt es dem Kunden?

Nachdem wir nun gesehen haben, dass alle Argumente die augenscheinlich für den Endkunden zu sein schienen lediglich der Steigerung der Profite oder Senkung des Risiko für die Hersteller dienten, müssen wir uns überlegen was das für den Kunden heißt. Tatsache ist, dass die Hersteller ein sehr stabiles System aufgebaut haben, an dem wenig zu rütteln ist. Fast jedes Unternehmen braucht Hardware und wenn sie ihre Risiken kontrollieren wollen brauchen sie auch eine Hardware Wartung. Ich denke es gibt hier zwei grobe Richtungen in die Kunden marschieren können.

Der pragmatische Weg

ist weiterhin diese Infrastruktur Produkte bei den großen Herstellern, am besten über den höchst zertifizierten Partner oder Distributor, zu kaufen. Bei der Wartung sollten sie allerdings darauf achten den Wartungsvertrag für den gesamten LifeCycle abzuschließen. Das heißt, wenn sie planen Server 5 Jahre im Einsatz haben, schließen sie die Wartung gleich für 5 Jahre mit ab. Das reduziert zumindest teilweise die Kosten. Wenn sie das nicht tun, erwartet sie die Überraschung, dass die Wartungskosten nach Ablauf der Warranty auf das 2-3 Fache erhöhen. Kostete ein Server im Care Package z.B. nur 10€ im Monat in den ersten 3 Jahren, kostet dieser in der Regel nach Ablauf des Vertrages meist an die 30€ im Monat. Wenn sie bereits in der misslichen Lage sind, dass ihre Wartungsverträge schon abgelaufen sind und sie erneuern müssten, holen sie sich unbedingt ein Angebot von einem Drittwartungsunternehmen 

Der mutige Weg

ist der den auch Google eingeschlagen hat. Auch hier nehmen sie wieder eine Vorreiter Rolle ein und beweisen, dass man nicht jedes Spiel unterstützen muss. Leider werden nur wenige unserer Leser hier die Ressourcen haben um dieser Rolle gerecht zu werden, deshalb schlage ich einen „Mutigen Weg Light“ vor. Kaufen sie ihre Hardware wo sie wollen, aber bei der Wartung sollten sie immer ein Drittwartungsunternehmen mit anbieten lassen und sie werden sehen, dass auch das sehr stabile System der Hersteller sich hier ein wenig mehr zum Kunden bewegen kann. Webseiten wie www.hardwarewartung.com helfen ihnen den richtigen Drittwarter zu finden.    

Die Frage ob wir es bei den Herstellern mit Freund oder Feind zu tun haben, können wir nicht eindeutig antworten. Wie alle Unternehmen versuchen auch die Hardware Hersteller ihre Marktmacht auszubauen und davon so gut wie möglich zu profitieren, daran ist nichts verwerflich. Doch die Methoden die viele einsetzen sind selbst für eingefleischte Kapitalisten an der Grenze des für Kunden erträglichen. Es liegt also im Wertesystem des Betrachters ein Urteil zu fällen. Und es liegt auch in der Hand der Kunden hier Zeichen zu setzen um Veränderung anzustoßen.